Gartenbau

Gartenbau

Leitbild des Gartenbauunterrichts an Waldorfschulen

Der Gartenbauunterricht an Waldorfschulen basiert auf der Waldorfpädagogik und ist fester Bestandteil ihres Lehrplans. Dabei stehen die Schüler in ihrer jeweiligen Entwicklung, der Schulgarten und die Natur in ihrem Gesamtzusammenhang im Zentrum des Bemühens. Die Schüler sollen die Vielfalt der Natur erleben und entdecken, sowie deren Zusammenhänge erkennen lernen. Durch die Vermittlung von Fachwissen und die gestaltende, pflegende Arbeit an der Natur entwickeln die Schüler Urteilsvermögen und Verantwortungsbewusstsein.

Der Schulgarten wird als Kulturraum geschaffen und so gestaltet, dass Fülle, Schönheit und Sinn erlebbar werden. Daraus entwickeln sich Ehrfurcht und Dankbarkeit der Schöpfung gegenüber. Es werden Aufmerksamkeit und Bewusstsein dafür geweckt, dass die Erde der Achtsamkeit und der Pflege des Menschen bedarf. So bilden sich neue und notwendige Kulturimpulse zur Bewahrung unserer Lebensgrundlage.

 

Schulgärten gab es in Europa schon vor mehr als einhundert Jahren. Sie sind also nicht etwa eine Erfindung der Waldorfschulen, sondern ein Bemühen der öffentlichen Schulen, Menschen so aus der Schulpflicht zu entlassen, dass diese einen einfachen Garten bewirtschaften können. Ein gutes Beispiel dafür ist der wiederhergestellte Schulgarten im Freilichtmuseum Mueß.  Im Wandel der Geschichte verrückten sich die Schwerpunkte vom Lehrgarten zum Nutzgarten (Selbstversorgung) und heute vermehrt zur ökologischen Erziehung, der lebendigen Beziehung zur Natur. Da wir es im Schulgarten immer mit einem lebendigen Organismus zu tun haben, kann es für dieses Fach den absoluten und allgemeingültigen Lehrplan schlechthin nicht geben. Immer stehen die örtlichen Verhältnisse wie Fläche, Bodenbeschaffenheit, Klima, Landschaft und die Lehrperson im Zentrum dieses Lehrfaches.

Dennoch gibt es wichtige übergeordnete Gesichtspunkte von Rudolf Steiner zu diesem Fach. Er wollte mehr, als dass die Kinder nur selber Gemüse heranziehen können. Ökologische Erziehung ist für ihn eine Existenznotwendigkeit. Die Schüler sollen Naturzusammenhänge richtig beurteilen lernen, um so den Katastrophen am Boden begegnen zu können. Es ist die Aufgabe der Eltern, der Miterziehenden und somit auch der Schule, den Jugendlichen die Grundlage zu geben, um einen verantwortlichen Umgang mit der Natur zu entdecken, zu erkennen und schließlich auch zu üben. Aus ernsthafter Praxis heraus gewinnen die Schüler Kenntnisse über die ökologischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge bei der Erzeugung unserer Nahrung und entwickeln ein Verantwortungsbewusstsein für die Natur.

 

Der Gartenbauunterricht

An unserer Schule findet der Gartenbauunterricht in den  Klassen 6-8 mit jeweils 2 Wochenstunden statt. Dazu werden die Klassen in zwei Gruppen zu 10-15 Schülern aufgeteilt, so dass der Schulgarten in 12 Unterrichtsstunden pro Woche von den Schülern bearbeitet wird. Die andere Gruppe hat parallel entweder Handarbeit oder Werken.

Diese drei Fächer finden jeweils in 2 Trimestern (ca. 26 Schulwochen) im Schuljahr statt.

Für den Gartenbauunterricht in den Klassen 6-8 stehen der Waldorfschule ca. 1.600  qm Land zur Verfügung, auf dem die Schüler und Schülerinnen Gemüse, Obst, Blumen und Kräuter anbauen.

 

 

3. Klasse: Ackerbau

In der 3. Klasse werden in der Waldorfschule die handwerklichen Berufe gelehrt.

Dazu ist eine Ackerbauepoche vorgesehen, in der die  9-jährigen Schüler und Schülerinnen ein eigenes Stück Land per Hand mit Getreide bestellen, pflegen und ernten.

Alles rund um den Traktor wird theoretisch gelernt und gegebenenfalls mit einem Ausflug zum Hof Medewege ergänzt. Bei der Bodenbearbeitung im Garten helfen die älteren Schüler und die Eltern.

 

6. Klasse: Freudiger Beginn

In der 6. Klasse bearbeitet und betreut jeder Schüler ein eigenes, ca. 5 qm großes Beet und lernt dabei die Anfänge des biologischen Gemüsebaus kennen. Die Beete werden dazu parallel angelegt und  in 2 gleich große Flächen für Schwachzehrer, Starkzehrer eingeteilt. Auf den jeweiligen Flächen haben die Schüler dann eine kleine Auswahl an verschiedenen Gemüse- und Blumenarten. Die 6.-Klässler räumen ihre Beete zu Beginn der 7. Klasse

(im Herbst) und bereiten diese für die nächsten 6.-Klässler vor. Dazu gehört natürlich auch die Kennzeichnung der Flächen nach ihrer Nährstoffeinteilung, so dass ein sinnvoller Fruchtwechsel stattfinden kann.

 

7. Klasse: Kräftige Taten aushalten und gute Gewohnheiten pflegen

Im nächsten Frühjahr bewirtschaftet die 7. Klasse ein großes Stück Land gemeinsam und lernt dabei die Einteilung der Pflanzen nach ihrem Nährstoff- und Platzbedarf. Auch hier sind die Flächen nach Stark- und Schwachzehrern, Bodenverbesserern und Blumen eingeteilt, so dass die Schüler das im Vorjahr Gelernte anwenden können. Die Blumen- und Gemüsekulturen stehen jetzt im Verband in Mischkulturen auf den Beeten. Auch neue Arten und Sorten gilt es jetzt zu ziehen und zu pflegen. So z.B. die Tomate, wo der Mensch ständig eingreifen muss, um das Ziel, Kulturfrüchte zu ernten, zu erreichen. Die Arbeiten werden in kleinen Gruppen ausgeführt. Auch das muss geübt werden!  Die beginnende Selbstständigkeit und die damit verbundene Verantwortung für das Ganze haben hier ihren Platz. Die Anzucht des gesamten Jungpflanzenbedarfs mittels generativer Vermehrung ist Aufgabe der 7. Klasse. Dabei wird den Schülern viel Fingerspitzengefühl abverlangt: säen, pikieren umtopfen, gießen im Gewächshaus bis hin zum Abhärten auf dem Aufstelltisch.

Ein Gutes Gefühl zu wissen, dass alles was im Garten blüht und gedeiht einmal durch unsere Hände ging! Wenn es um Transporte von Pferdemist aus dem benachbarten Zoo oder Kompost geht, sind die Siebtklässler schnelle und zuverlässige Fahrer.

 

8. Klasse: Eigenständiges Arbeiten

Die 8.-Klässler haben die Aufgabe, die einjährigen Blumen und Kräuter anzubauen und sind für die Pflege aller Stauden, der Hecken und Randbepflanzung im Schulgarten zuständig.

Sie führen alle Gartenarbeiten durch, die Geschick, Ausdauer und körperlichen Krafteinsatz erfordern. Da sie in ihrem dritten Gartenjahr bereits den Überblick haben, können sie bereits eigenständig an den Aufgaben tätig werden und Arbeitsschwerpunkte setzen.

So sind auch Projekte wie Weg- und Zaunbau oder Frühbeetkästen möglich.

 

Das Winterquartal

Nach den Herbstferien pressen wir mit allen Klassen  immer eine Menge Apfelsaft.

Zum Abschluss des Gartenjahres werden noch Adventskränze gebunden.

Dann ruht der Garten bis zum Frühling und die Schüler haben Handarbeit oder Werken.

 

Der Bienengarten

In unmittelbarer Nachbarschaft des Schulgartens liegt der Bienengarten.

Die Bienenstöcke werden von einem Imker gepflegt, der für die Schüler eine AG anbietet.

 

Ökologie und Biologie

Dass der gesamte Anbau biologisch, ohne Mineraldünger und Pestizide durchgeführt wird, ist natürlich schon jetzt selbstverständlich. Außerdem finden wir ökologische Nischen für Pflanzen und die Tierwelt. Die Schüler entdecken immer wieder für sie neue Arten und auch ökologische Zusammenhänge und können gleich vor Ort die Fragen stellen, die sie dazu haben. Auch bietet sich ihnen die Möglichkeit selbst in Nachschlagewerken, neue Arten zu bestimmen. 

An regnerischen Tagen, zu Beginn des Unterrichtes oder durch einen Impuls vom Schüler ausgehend wird ein Teil der Themen aus dem  Biologieunterricht gelehrt bzw. vertieft.

 

Verantwortung, Kultur und Natur

Nach diesem Durchgang ist zu hoffen, dass die jungen Menschen stets Interesse und Wissbegierde für ihre Umgebung entwickeln. Wenn dabei auch erlebbar wurde, welche Verantwortung der Mensch auch als Konsument für die Kultur in der Natur zu übernehmen hat, wäre ein Beitrag für die Zukunft gelungen.

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